Wir sind ganz und gar von unserem Zeitplan abgekommen. Eigentlich schade. Ich will ihn mal wieder bissle aufgreifen.
Ja, was ist passiert? Was war das eigentlich für ein Frühjahr und was wird das für ein Sommer werden?
Wie lange haben wir noch?
Genau genommen, wohl anderthalb Monate.
Nun möchte diese nun ja nicht ein Jeder in glühender Hitze verbringen, aber so bissle Sommer, so etwas in Anlehnung von dem, was früher, damals - ihr wisst schon - Sommer genannt wurde, so etwas wäre doch schön.
- Gibt es das noch, dass der Teer auf den Straßen flüssig wird? Wohl kaum bei den heutigen hochmodernen Straßenbelägen.
Gibt es das noch, dass Kinder um das Eintrittsgeld für das Freibad bangen müssen, weil es daheim ganz einfach knapp ist und sie deshalb eher Altmetall und Altglas zu Geld machen? Gibt es das überhaupt noch?
Gibt es noch diese Gewitter, die kurz und heftig und weltuntergangsmäßig sind, bei denen aber hinterher wieder die Sonne in voller Pracht scheint und wo das Ganze nicht in einen Landregen und Überschwemmungen ausartet?
Gibt es das noch, dass Kinder mit Genuss barfuß laufen? Auch in der Stadt?
Und dass es für den Durst kein Cola und kein Fanta gibt, sondern dass irgendwo in der Küche ein Topf mit kaltem Tee steht, aus dem jeder schöpfen kann, bis er leer ist?
König Sommer
Nun fallen leise die Blüten ab,
Und die jungen Früchte schwellen.
Lächelnd steigt der Frühling ins Grab
Und tritt dem Sommer die Herrschaft ab
Dem starken, braunen Gesellen.
König Sommer bereist sein Land
Bis an die fernsten Grenzen,
Die Ähren küssen ihm das Gewand,
Er segnet sie alle mit reicher Hand,
Wie stolz sie nun stehen und glänzen.
Es ist eine Pracht unterm neuen Herrn,
Ein sattes Genügen, Genießen,
Und jedes fühlt sich im innersten Kern
So reich und tüchtig. Der Tod ist so fern,
Und des Lebens Quellen fließen.
König Sommer auf rotem Ross
Hält auf der Mittagsheide,
Müdigkeit ihn überfloss,
Er träumt von einem weißen Schloss
Und einem König in weißem Kleide.
Gustav Falke (1853-1916)