Hallo toggle,
ich habe damals von Ferne von dem Fall gehört in den Nachrichten. Und jetzt noch einmal nachgelesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Magnus_Gäfgen
(Bitte den Link separat aufrufen - wegen des "ä" im Seitennamen, gibt es ein Problem es von hier aus direkt zu verlinken)
Sicher ist dieser Gäfgen ein Täter, bei dem eine besondere Konstellation der Tat vorzufinden ist.
Daß er die Entführung plante und durchführte, um das Geld zu erpressen, ist schon scheußlich genug. Daß er aber das Kind ermordete und dann die Erpressung durchführte, ist ja nun eine Steigerung der Grausamkeit, wenn man überhaupt eine Abstufung in der Betrachtung vornehmen kann. Und dann abschließend auch nach Festnahme durch die Polizei hartnäckig zu schweigen bzw. den Verdacht auf andere zu lenken - ich kann angesichts all dieser Tatsachen auch Verständnis dafür entwickeln, daß in dieser Situation bei der Polizei die Geduld zum Ende kam. Es ist sicher auch eine Ausnahmesituation, die in dieser Form nicht alle Tage vorkommt - in der Regel überrascht man den Verbrecher auf frischer Tat oder man versucht das Verbrechen im Nachhinein aufzuklären.
Ich habe keine Informationen, außer dem Wikipedia-Artikel,
wie das Verhör bei der Polizei genau abgelaufen ist. Ohne Zweifel ist dieser Gäfgen, wie gesagt, ein besonders schwieriger Täter (er verfügt ja auch über juristische Kenntnisse dank seines Studiums). Dennoch wäre es Aufgabe der Polizei gewesen, auch unter diesem Zeitdruck, eine effektive Verhörstrategie einzusetzen. Im Wikipedia-Artikel ist auch zu erfahren, daß Gäfgen nun zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurde und eine besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde. Das bedeutet, daß er nicht nach 15 Jahren auf Bewährung frei kommen kann. Ich würde sagen, die besondere Schwere der Schuld besteht unter anderem auch darin, die Kooperation mit der Polizei nach der Festnahme verweigert zu haben.
Am Ende ist mir nicht klar, was der Professor Merkel nun eigentlich genau möchte. Das Dilemma feststellen, daß der mit Mord drohende Entführer nicht so einfach oder vielleicht sogar nicht zur Einstellung des Mordes bewegt werden kann? Oder möchte er dem Täter mit Folter drohen - rein theoretisch ist das sinnlos, wie ich schon feststellte, weil es ein Folterverbot gibt. Wenn der Täter mit Verweis darauf, die Folterandrohung zurückweist, ist die Polizei auch nicht weiter gekommen.
Und wenn der Täter tatsächlich gefoltert werden würde, könnte er irgendwelche Lügen von sich geben, um die Folter zu beenden. Dann würde die Folter unter Umständen sogar kontraproduktiv werden können, weil die Polizei dann Kräfte in die falsche Richtung zur Überprüfung losschicken müßte, anstatt sich auf eigene weiterführende Ermittlungen zu konzentrieren. Ja - in diesem Fall hat der Täter nach der Drohung den Widerstand aufgegeben. Es mag sein, daß es in einer gewissen Anzahl von Fällen dem Opfer auch Rettung bringen könnte. Ich bleibe dennoch der Meinung, daß die Polizei sich grundsätzlich davon fern halten sollte. Und auch der Staat sollte darauf hinwirken, die Professionalität der Polizei immer wieder auf höchstes Niveau zu bringen, um auch mit derartigen Tätern in solchen Situationen erfolgreich, also im Sinne des Opferschutzes umgehen zu können, mit allen anderen Mitteln außer Folter und Folterandrohung.
Kürzlich las ich, wie man ein Verhör vornehmen muß - man muß den zu Verhörenden möglichst schnell in seiner Persönlichkeit analysieren und dann die geeigneten Vernehmer ins Spiel bringen. Und das müßte man sich genau anschauen - was hat sich in diesem Verhör hier abgespielt bis es zu der Folterdrohung kam. Hat man zum Beispiel eine Frau eingesetzt, um den Mann zu verhören? Wenn ja, welchen Typ von Frau hat man eingesetzt - einen mütterlichen oder einen attraktiven? Welche Männer kamen zum Einsatz beim Verhör? Wie waren die Fragen und die Antworten und die verhörstimmung genau - wer weiß denn das genau? Ich nicht. Das Gericht ? Am Schluß wird dann ein Protokoll gemacht, in dem alles zusammengefaßt wird, oder ? Oder wird alles wortwörtlich übermittelt, die Tonbandaufzeichnungen oder sogar Videoaufzeichnungen ?
Ich habe kürzlich ein Interview mit einem ehemaligen Statthalter der N'drangheta in Deutschland (einem Deutschitaliener) angesehen und angehört. Es ist hochinteressant. Abgesehen von allen anderen Einzelheiten war für mich interessant, wie die Karriere dieses Menschen erst so richtig ins Laufen kam - mit und nach einem Aufenthalt in einem deutschen Gefängnis!!!! Und als er dann in Deutschland vor relativ kurzer Zeit nach mehr als 20 Jahren festgenommen wurde und dann alles gestanden hat, um heraus zu kommen aus dieser Verbrecherorganisation, spielte der vernehmende Polizeibeamte eine große Rolle. Offenbar ist er dem Täter im Verhör bestens begegnet - trotz der scheußlichen Verbrechen (30 Morde!) mit großem Respekt.
http://www.br-online.de/daserste/report/archiv/2008/00461/
Bei allem Respekt für den Professor und die Rechtsnormen und seine Darstellung der Problematik - aber ich bleibe bei meiner Ablehnung von Folter und Folterandrohung, und es wäre es sehr interessant etwas Genaueres zu meinen Fragen zu dem Fall zu erfahren.
Viele Grüße
miljas