9. November 1989




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9. November 1989

Beitragvon miljas » 02.11.2015, 11:01

Hallo,

Herr Schabowski hat das Zeitliche gesegnet.
So ist nun einmal der Lauf des Lebens...

Während seins Machtlebens in der zweiten
Hälfte der 80er Jahre in der DDR, speziell
in Ostberlin, hofften einige, daß von Schabowski
Reformbemühungen ausgehen könnten. Diese
Schlußfolgerungen entstanden, weil der Herr Schabowski
relativ eloquent und umgänglich war. Ich hatte
damals die Gelegenheit, ihn einmal während weniger Tage
aus der Nähe zu erleben. Deshalb konnte ich diese Hoffnungen
nicht teilen. Ich erkannte ihn als einen zögerlichen und auch intoleranten
Parteifunktionär der Parteibürokratie. Das war für mich ein Mann mit
zu geringem Intellekt und Ideenreichtum (Fantasie) und schon gar nicht
ein Mann der Tat. Sicher, er hat sich dann bemüht mutiger zu sein - er
redete auf der Kundgebung auf dem Alexanderplatz am 4.11.1989.
Allerdings hatte zu diesem Zeitpunkt das Volk bereits
gehandelt und quasi die Weichen gestellt, nämlich am 9. Oktober 1989
in Leipzig.

Die konkreten Umstände der Grenzöffnung kann man nun hin- und
herbetrachten. Sicher brachte der Herr Schabowski mit der
verfrühten Information am Ende seiner Pressekonferenz
den auch sehr öffentlich sichtbaren Moment, in dem der letzte
Akt begann. Aber es wäre so oder so zur Grenzöffnung
und zum Ende der DDR gekommen. Für den Vorgang im
engeren Sinne ist vermutlich auch Herr Krenz mitverantwortlich.
Denn er hat Schabowski diese neue Regelung, die mit einem
Sperrvermerk versehen war, rübergereicht mit dem Hiinweis
auf die bevorstehend Pressekonferenz. Oder waren die Verfasser
des Dokumentes verantwortlich, weil sie, - nicht fett und mit Filzstift
hervorgehoben - die Sperrfrist deutlich zur Kenntnis gaben?

Ist nicht mehr wichtig...
Sie waren alle überfordert. Moralisch, intellektuell und auch
vom Tempo der Entwicklungen.

Hier noch eine interessante Doku in einer Montage aus Interviews,
Originalaufnahmen und nachgespielten Szenen.

http://www.ardmediathek.de/tv/Reportage ... tId=799280

(Der Link darf als Veweis auf eine "historisch bedeutsame" Doku
für ständig in der ARD-Mediathek frei geschaltet bleiben... :-) - na, so etwas...
... gibt es auch in der "freien" Welt... :-) )

(Mich beeindruckt am meisten der ehemalige Kommandeur
des Übergangs. Er hat das Richtige getan.)

PS.:
Daß Schabowskis Zettel - seine Notizen zum geplanten Ablauf
der Pressekonfernz - im Frühjahr auftauchte und für ein
stölzes Sümmchen von 25.000 Euro vom Deutschen Historischen
Museum angekauft wurde, hatte ich mitbekommen:

http://www.n-tv.de/panorama/Schabowskis ... 12141.html

Daß allerdings diese Reisereglung, um die es ging, in
das "Weltdokumentenerbe der UNESCO" aufgenommen
wurde, wußte ich noch nicht.
Eine Kopie des Dokumentes befindet sich im Bundesarchiv:

https://www.bundesarchiv.de/oeffentlich ... ex.html.de

Angeblich und vermutlich ist es das Exemplar für Krenz.
Ein Sperrvermerk (also eine Frist bis zur Veröffentlichung) findet sich auf
diesem Exemplar nicht. Allerdings steht dort deutlich - solange man noch lesen
kann... :-) (auf Bl. 10, Rückseite)
"3. Über die zeitweiligen Übergangsregelungen ist die beigefügte Pressemitteilung
am 10. November 1989 zu veröffentlichen.

Verantwortlich: Regierungssprecher beim Ministerrat der DDR"

Also, das Datum lautete: 10. November 1989 und der Verantwortliche
dafür war auch nicht der Herr Schabowski, auch nicht der Herr Krenz, sondern
der Regierungssprecher.

Soweit vielleicht noch zu den aus dem Dokument ablesbaren
historischen Fakten...

PS.:
Der Herr Schabowski hatte sich dann (ab)gewendet von seinen
früheren Schlimmheiten.
In obiger Doku wurde ein Interviewausschnitt gebracht, in dem er
sinngemäß sagte, daß man keine Reformen (in der DDR) machen
konnte, außer einer, die Dikdatur abzuschaffen. Das brachte mich
zum Nachdenken. Eine Demokratie hat natürlich den Vortel, daß
alle Einwohner mehr oder weniger an den Entscheidungen beteiligt
sind. Das ist ein nicht zu unterschätzendes psychologisches Moment.
Ob allerdings die Entscheidungen einer Demokratie zwangsweise
richtiger, weiser, vernünftiger sind, als die einer Dikdatur - das
ist vielleicht eine andere Frage. Wenn zum Beispiel eine Didatur nicht
beratungsresistent ist, dann können vielleicht auch in einer Dikdaturm,
sachlich gesehen, sehr gute Entscheidungen fallen. Wenn man so will, sind
Präsidialsysteme Quasi-Dikdaturen (mit gewissen Abstrichen und
Einschränkungen). ich wäre eher dafür, die inhaltichen gesellschaftlichen
Strukturen und die Funktionaliät der Gesellschaft zu betrachten.
Das müßte genauer bestimmt werden, um eine optimale Entwicklung
zu ermöglichen.

Viele Grüße - miljas Bild (Bewegen und Lieben - liebe Lokomotiven!)
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miljas
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