Kennzeichen eines demagogischen Stils durch einen Kommunikator/eine Kommunikatorin
1. VERSCHLEIERUNG: So schlampig wie möglich - oder am besten gar nicht zitieren - ja keine Quellenangabe!
Egal ob jemand eine Aussage Y durch eigene Lektüre erfahren hat oder irgendwo aufgeschnappt - er/sie wird die Quelle nicht angeben. Schließlich sollen die LeserInnen seine/ihre Meinung übernehmen und nicht die Chance bekommen, sich etwa durch Nachlesen dessen, was da wirklich steht, ein eigenes Bild zu machen - zumindest soll ihnen der Weg dahin keinesfalls erleichert werden.
Anmerkung: Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit, bei Aussagen, die sich auf Medientexte beziehen, wenn schon keinen wörtlichen Auszug der kritisierten Textstellen und wenn schon keinen Link zu setzen, so zumindest den genauen Titel des entsprechenden Artikels sowie den Namen der Zeitung und der Zeitungsausgabe bekanntzugeben.
2. VERSCHLEIERUNG zum Quadrat: von einem Dritten übernommene Kritik
Möglicherweise ist auch die Kritik nicht auf dem eigenen Mist des Kritisierenden gewachsen - sondern er hat sie übernommen, wogegen an und für sich ja nichts einzuwenden ist, solange das nicht unreflektiert geschieht. Allerings sollte auch diese "Quelle" genauso wie das eigentliche Corpus Delicti (die schon in 1. verschwiegene Quelle) angegeben werden.
3. VERSCHLEIERUNG hoch drei
Nun kann es sein, dass die in Punkt 2 genannte "Meta-Quelle" ihrerseits schon den in Punkt 1 beschriebenen Fehler begangen hat. Das entbindet allerdings KommunikatorInnen nicht von der Verpflichtung, einen solchen Fehler nicht blind zu übernehmen, sondern ganz im Gegenteil: Wenn dies sozusagen in der Vorstufe unterlassen wurde, müssen sie wenigstens ihrerseits für korrekte Quellenangaben zu sorgen, Und: Der Name des Mediums ist zu wenig! Sofern kein Link gesetzt wird, muss der vollständige Titel des Artikels, der Name des Mediums und die konkrete Ausgabe klar deutlich werden!
Werden diese Punkte nicht eingehalten, sieht das dann so aus;
"Alice Schwarzer zeigt in einem Zeitungsbeitrag Verständnis für ... und kritisiert ..."
Weder der Titel des Artikels - er heißt übrigens "Warum Burma echte Freunde braucht" - noch des Mediums (FAZ) noch der konkreten Ausgabe: 1. Juni - wurden hier erwähnt. Jemandem, der die Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen will, werden unnötig Steine in den Weg gelegt.
Oder es wird zwar darauf hingewiesen, dass die Kritik "zynischer kann eine Journalistin kaum werden" von Matthias Mattusek kommt und im Spiegel steht - die entsprechende Ausgabe kann man sich mühsam raussuchen.
Daher hier die beiden Links:
Mattusek über Schwarzers Artikel
Und hier zum Vergleichen:
Alice Schwarzer über Burma
Ist es bereits Verständnis für die Politik der burmesischen Diktatoren, wenn Schwarzer kritisiert, dass hier bei sehr gleichartigem Vorgehen von diktatorischen Machthabern vom Westen völlig unterschiedliche Maßstäbe in der Beurteilung angelegt wurden? Folgt aus so einer Aussage rein logisch, dass sie die Politik der burmesischen Diktatoren gutheißt??? Doch offensichtlich nicht bzw. nur, wenn man der Frau die Worte im Mund verdreht!
Stimmt es etwa nicht, dass China als aufsteigende milliardenschwere Wirtschaftsmacht trotz jahrzehntelanger und immer noch anhaltender Verbrechen gegen die Menschlichkeit (man braucht nur den jährlichen Bericht von amnesty international zu lesen) durch die politische Führung vom geldgeilen Westen geradezu hofiert wird? Dass chinesische Barbaren geradezu mit Samthandschuhen angefasst werden? Ich kann mich an einen Fall erinnern, als ein Wiener anlässlich eines chinesischen Staatsbesuchs demonstrierte (die blutige Niederschlagung der Studentendemos am Platz des himmlischen Friedens mit etlichen Toten war noch in frischer Erinnerung) - nicht der chinesische Machthaber, der solches zu verantworten hatte, erntete Kritik und wurde wie ein Verbrecher abgeführt, sondern jener Mann, der es gewagt hatte, eine Zeremonie durch kritische Zwischenrufe zu stören.
Ist humanitäre Hilfe aus dem Westen etwas, das unter keinen Umständen kritisiert werden darf?? Es lohnt sich, nicht nur den Artikel selbst sondern auch sämtliche Kommentare zu Schwarzers Artikel im vollen Wortlaut durchzulesen - und darauf zu achten, zu welchen Stellungnahmen offenbar jene kommen, die Burma gut und schon jahrelang kennen und inwiefern diese mit den anderen Stellungnahmen übereinstimmen oder von ihnen abw eichen.
Zum Thema und vor allem auch gegen das Schwarzweiß-Denken ein Text von Oscar Wilde
O. Wilde: Die Seele des Menschen im Sozialismus
Auch über den Sinn und Unsinn von Sanktionen wurde schon lang gestritten. Z.B. vor über 20 Jahren hier: http://www.zeit.de/1982/11/Widersinnig
Tatsache ist, dass bereits vor Jahrzehnten immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass nicht selten genau die Falschen am meisten unter wirtschaftlichen Sanktionen zu leiden haben, dass lebenswichtige Operationen in Krankenhäusern nicht durchgeführt werden können usw. usf.
Nur, weil einem das nicht ins Weltbild passt, muss deshalb der Mantel des Schweigens über solche zwar nicht intendierte, aber dennoch stattfindende und mittlerweile zur Genüge bekannten Nebeneffekte von Sanktionen gebreitet werden?
Natürlich, es ist Ansichtssache, aber was ist eigentlich so furchtbar daran, wenn Schwarzer sich gegen eine Einmischung von "Weltpolizisten" spielenden Staaten ausspricht? Dass ihre Einwände gegen die Gefahr einer undurchsichtig mit der humanitären Hilfe verknüpften Interventions- und Interessenspolitik keineswegs aus der Luft gegriffen sind, hat z.B. die klägliche Rolle der USA sowie einiger europäischer Länder im Fall des Irakkriegs gezeigt, der Hunderttausende Todesopfer auf beiden Seiten und vor allem unter den Zivilisten gefordert hat, und wo es den Einheimischen mit Sicherheit nicht besser geht als zuvor. Auch da sollten die Menschen "befreit" werden. Auf die Gefahr einer vermessenen von-oben-Herabhaltung des Westens aufmerksam zu machen, ist m.E. legitim.
Und nun Punkt
4. UNFAIRE VERDREHUNGEN UND UNTERSTELLUNGEN
Wenn jemand schreibt, dass er/sie ein Argument einer Gruppe nachvollziehen kann, heißt das automatisch, dass er dieses Argument auch selbst gutheißt, heißt dass, dass er/sie zudem damit sämtliches Fehlverhalten dieser Gruppe entschuldigt? Ist das nicht (mindestens) ein logischer Fehlschluss, wie es ärger nicht geht? Ist es nicht offensichtlich, auf welcher Seite Schwarzer steht, wenn sie im selben Artikel schreibt, wäre sie Burmesin, würde sie selbstverständlich zur Oppostion gehören?
Genau zu diesem Thema (Warum kommt,wer als verwerflich geltendes Verhalten anderer zu erklären und aus deren Sicht zu verstehen sucht, immer gleich in den Verdacht, es damit zugleich billigen zu wollen?) hat übrigens Eberhard vor 3 Jahren im Peter-Lauster-Forum einen interessanten Thread (mit viel Beteiligung) eröffnet:
http://peterlaustercommunity.de/l_f/ind ... pic=88&hl=
Um nicht falsch verstanden zu werden - ich bin nicht unbedingt eine Freundin von Alice Schwarzer, wenn z.B. stimmt was über ihre Rolle beim Rauswurf der neuen Emma-Chefin kolportiert wird, sind das alles andere als Dinge und Wesenszüge, die ich gutheiße an ihr, auch vertrete ich in manchen Punkten, auch solchen, die mir sehr viel bedeuten, eine beinah diametrale Meinung zu ihrer - aber das ist dennoch kein Grund, dass sie sich demagogische Angriffe gefallen lassen muss, die ihr Sachen unterstellen, die sie nachlesbar nicht gesagt hat und ihr Zynismus unterstellen, weil ihre Meinung nicht der eigenen oder dem Mainstream entspricht.