Hallo Nobody,
ich möchte mich bei Dir entschuldigen, daß ich nicht ausführlich auf Deine Äußerungen im Erstbeitrag eingegangen bin. Mir war es zunächst einfach wichtig, das Verhältnis von Glücklich- und Unglücklichsein anzusprechen (das kommt vielleicht auch ein wenig daher, daß ich in einem Staat aufgewachsen bin, in dem es eine Art "verordnetes Glücklichsein" gab - warum sollte auch jemand unglücklich sein, wenn alles für das "Glück des Volkes" getan wurde... ).
"Glücklichsein" und "Unglücklichsein" sind zwei Worte, und zwei Kategorien, die so harmlos aussehend (gleichwohl natürlich auch bedeutsam) und allgemeinmenschlich zutreffend daherkommen. Und daher rührt nun vielleicht auch die Vorstellung, daß man es lernen kann, glücklich zu sein. Es ginge dabei um Aktivitäten - also lernt man, sich zu verhalten, man lernt Verhaltensweisen - "richtige" Verhaltensweisen.
Da nun Glücklichsein und Unglücklichsein als etwas so Grundsätzliches erscheinen, als ein quasi für länger oder dauernd gültiger Zustand erscheinen ("Ich bin glücklich... mit meinem Leben" - diese Aussage suggeriert das absolute Glücklichsein von einem Zeitpunkt - evt. seit der bewußtseinsmäßigen Geburt - andauernd bis Ultimo), entsteht die Gefahr des Vorgaukelns des letztlich doch vorhandenen (wenn auch immer vehement bestrittenenen) Universalrezeptes.
Die Einführung von "Glücksmomenten" reduziert (und normalisiert) entweder das ununterbrochene Dauerglücklichsein zu einer sich im Realen hin und her bewegenden Seinsweise von Glücklich- und Unglücklichsein, bzw. das ununterbrochene Unglücklichsein wird durch "Glücksmomente" aufgebrochen - und es ergibt sich eine scheinbar optimistische Perspektive - je mehr Glücks-Momente erscheinen, desto größer die Möglichkeit, daß es wohl doch noch zum Dauerglück kommen kann.
Ich denke, es gibt da verschiedene Bezugssysteme beim Individuum, also jeweils in einem Individuum. Und die verschiedenen Glücksbezugsebenen korrespendieren durchaus miteinander, andererseits bleiben es verschiedene Ebenen. Manchmal hört man, daß jemand eine "glückliche" Kindheit hatte, im Gegensatz zu einem anderen, der eine "schwere" Kindheit hatte. Kindheit, Jugend, Übergang zum Erwachsenenleben - das sind natürlich wichtige Lebensabschnitte, in denen sich die Hauptvorstellungen eines Menschen herausbilden. In meinem Leben gab es damals widersprüchliche Entwicklungen und am Ende haben wohl doch Dinge einen Einfluß bekommen, und auch weiterwirkend, so daß ich im Blick auf mein Gesamtleben unglücklich bin. Und daran wird wohl auch kein "Glücksmoment" und keine Glücks"schule" etwas ändern können. Das muß ich einfach so sachlich unromantisch feststellen, ohne daß ich dabei nun Emotionen habe, die mich zu Tode betrübt sein lassen. Die Wissenschaft versucht die Frage zu untersuchen, warum der eine Mensch mit gegebenen Schwierigkeiten nicht zurecht kommt, während der andere diese relativ problemlos überwinden kann. Das ist ein interessantes Thema.
Was die Betrachtung von Glücksmomenten und der Austausch darüber im Forum betrifft - das ist natürlich auch interessant. Wenn bei einem Austausch über Lebensfragen gesprochen wird, dann sollte nicht nur über die Widrigkeiten, sondern auch über die Annehmlichkeiten gesprochen werden - das ist so sicher richtig, daß am Ende kein verzerrtes Bild entsteht.
Daß die Aboriginies als nomadisierende Jäger und Sammler ganz andere Bezugsysteme bezüglich des Emotions-Erfolges, den wir als "Glück" bezeichnen, hatten, ist mir vorstellbar. Und so habe ich Donnas Ausführungen verstanden. Die Atzteken waren ja wohl sicher auch relativ glücklich als sie Jungfrauen opferten und junge Männer (eigene Stammesangehörige oder fremde?) die Pyramidenstufen hinab zu Tode stürzten.
Zu den Videos:
Von Hirschhausen vermittelt ganz witzig Denkanstöße. Allerdings kann er etwas, was von der Lippe kann, nicht. Nämlich einmal eine längere Pause zu machen und (in sich selbst hineinschmunzelnd) das Publikum kurz sich selbst und seiner eigenen Fantasie zu überlassen. Übrigens, die Moderatorin im Hirschhausen-Video scheint sich recht wohl zu fühlen - am Anfang saß sie noch relativ normal auf dem Sofa, im Laufe der Zeit setzte sie sich auf ihr linkes Bein (einschließlich Fuß)
Nun zwei Glücksmomente von mir - von gestern:
- Ich habe in einem Copy-Laden nach Anfertigung von Kopien noch einige Minuten an einem Tisch unmittelbar an der Eingangstür gesessen, um ein Schreiben an eine Behörde in einen Briefumschlag zu bringen. Während ich dort saß, kamen zwei junge Männer aus der Punkszene und ihr Anliegen (Druck eines Plakates) benötigte eine Bearbeitungszeit von mehr als 10 Minuten. Sie waren in Begleitung eines Hundes, der - wie es bei den Punkern immer der Fall ist - völlig unaggressiv war und den sie einfach frei vor der Tür warten ließen. Der Hund blickte ständig neugierig durch die Türscheibe, und wenn Kunden die Tür passierten, steckte er auch einmal seinen Kopf kurz herein. Er war unruhig und ungeduldig, aber in den Laden ist er nicht hineingesprungen, obwohl er mehrfach die Gelegenheit dazu hatte. Als es zu hageln begann, wurde es ihm doch zu bunt und er wurde noch unruhiger und versuchte die Tür selbst zu öffnen - zum Glück waren dann seine "Kumpel" wieder frei und der Hund stürmte dann schnell voran in den nahen schützenden Zugang zur U-Bahn.
- Ich wollte und habe mir ein Paar Winterschuhe gekauft. Es klappte im ersten Laden und es war das einzige Paar Winterschuhe, was es dort noch gab.
Viele Grüße - miljas :t252: :t252:
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